Digitale Souveränität in Europa: Dänemark verabschiedet sich von Microsoft, Deutschland setzt auf Google Cloud?

In letzter Zeit ist das Thema digitale Souveränität wieder in den Fokus gerückt, ausgelöst durch zwei Nachrichten aus Dänemark und Deutschland:
Das dänische Ministerium für Digitalisierung plant, Microsoft-Produkte zugunsten von Open-Source-Software abzuschaffen, während die deutsche Bundeswehr auf die Google Cloud mit „Air-Gap“-Lösung setzt und bis 2027 zwei physisch getrennte Cloud-Instanzen in eigenen Rechenzentren aufbaut.

Im Video erhalten Sie einen Überblick über beide Nachrichten.

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In diesem Blog haben wir für Sie die Zusammenfassung der beiden Nachrichten sowie einige dazugehörige Fragen zusammengestellt.

Vielleicht gewinnen Sie nach der Lektüre ein besseres Verständnis für das Thema und erkennen, warum digitale Souveränität für die Europäische Union so wichtig ist.

Dänemark steigt bei Microsoft aus

Laut einem Bericht der Politiken baut die dänische Ministerin für Digitalisierung, Caroline Stage Olsen, die Nutzung von Microsoft in ihrem Ministerium schrittweise ab und plant stattdessen den Einsatz von Open-Source-Programmen. (Quelle: Zum Originalartikel)

Die eingesetzten Open-Source-Lösungen – konkret das Betriebssystem Linux und das Büropaket LibreOffice – sollen Microsoft Windows und Office 365 ersetzen.

Bis zum Ende dieses Sommers soll etwa die Hälfte der Mitarbeiter des Ministeriums auf das neue System umgestellt sein. Die internen Vorbereitungen laufen bereits, und die Mitarbeiter werden in der Nutzung der neuen Software geschult und eingewiesen.

Bereits im April hatte Olsen davor gewarnt, dass eine anhaltende Abhängigkeit von US-amerikanischen digitalen Werkzeugen ein strategisches Risiko darstelle.

„Es besteht das Risiko, dass ein Drittstaat den Zugang abschneidet“, sagte sie und forderte die EU auf, die Rahmenbedingungen für den Aufbau einer europäischen digitalen Infrastruktur zu schaffen.

Deutschland setzt auf Google Cloud

Nach Angaben der Bundeswehr setzt die IT-Dienstleisterin der Bundeswehr, BWI, auf die Google Cloud mit „Air-Gap“-Lösung und baut bis 2027 zwei physisch getrennte Cloud-Instanzen in eigenen Rechenzentren auf. Ziel ist die sichere Kontrolle sensibler Daten in der sogenannten „privaten Cloud der Bundeswehr“ (pCloudBw).

Hintergrund ist die Entscheidung, geschäftskritische Anwendungen auf der „Business Technology Platform“ (BTP) von SAP SE im privaten Deployment abzubilden. Laut BWI gewährleistet die Zusammenarbeit mit Google Cloud und SAP eine isolierte, sichere Umgebung zur IT-Unterstützung logistischer und administrativer Prozesse. Mit diesem Schritt verfolgt die Bundeswehr ihre „Cloud-First“-Strategie weiter, wobei künftige Anwendungen bevorzugt cloud-basiert, aber unter vollständiger Kontrolle und innerhalb der eigenen Infrastruktur bereitgestellt werden.

IT-Experten kritisieren jedoch die digitale Abhängigkeit von den USA und bezweifeln die Sicherheit des Konzepts. (Quelle: Zum Originalartikel)

Kritikpunkte und Hauptargumente zur Google Cloud „Air-Gap“-Lösung der Bundeswehr

Fehlende digitale Souveränität

Obwohl Anbieter wie Google und Microsoft verstärkt mehr europäische Kontrolle versprechen, bleibt die Souveränität bei der Nutzung außereuropäischer Cloud-Lösungen eingeschränkt.
Aktuelle Vorfälle wie die Sperrung eines Microsoft-E-Mail-Kontos beim Internationalen Strafgerichtshof verstärken die Sorgen um digitale Abhängigkeit.

Abhängigkeit von US-Tech-Konzernen

Die Bundeswehr vertraut kritische Daten einem US-Anbieter an, was die digitale Infrastruktur stark abhängig macht.
IT- und Sicherheitsexperten sind entsetzt und kritisieren fehlende Exit-Strategien. Updates und Patches bleiben trotz „Air-Gap“ von Google abhängig, die Softwarekontrolle liegt weiterhin bei Google.

Begrenzte Wirksamkeit des Air-Gap-Konzepts

Das Air-Gap wird als Schein-Schutz kritisiert:

  • Zwar physisch isoliert, jedoch bleiben Code und Updates in Googles Hand.
  • Fehlende unabhängige Code-Auditierung und kein Schutz auf Firmware-, BIOS- oder Hypervisor-Ebene.
  • Versteckte Remote-Zugriffe können trotz Air-Gap möglich sein.
  • Die Kontrolle über die Cloud liegt letztlich bei Google, was digitale Souveränität verhindert.

Fehlende Open-Source-Transparenz

Google Cloud ist proprietär und nicht quelloffen, wodurch unabhängige Prüfungen unmöglich sind.
Ein proprietärer Software-Stack führt zu 100% Abhängigkeit vom Anbieter, Wechsel wird praktisch unmöglich.

Rechtliche Risiken

Google als US-Unternehmen unterliegt dem US-Cloud-Act, was den US-Behörden Zugriff auf Daten oder die Kontrolle von Updates ermöglicht.
Dadurch bestehen erhebliche politische und rechtliche Risiken für die digitale Sicherheit der Bundeswehr.

Mangelnde Transparenz und Vertrauen

Experten fordern eine klare Exit-Strategie, kontinuierliche Prüfung von Open-Source-Alternativen und Offenlegung von Risikobewertungen.
Derzeit mangelt es an Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit.

Zusammenfassung der Expertenmeinungen

Sicherheitsfachleute und Branchenvertreter bezeichnen die Entscheidung als gravierenden Fehler. Nextcloud CEO Frank Karlitschek warnt vor der Unumkehrbarkeit der Abhängigkeit, sobald Google Cloud APIs integriert sind. Die Entscheidung widerspricht dem aktuellen Trend zur digitalen Souveränität in Europa.

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